Mein Leben ist doch cool! - Lesung in einfacher Sprache mit Natalie Dedreux 

Donnerstag, 16.11., 19 Uhr

Hermann-Levi-Saal
(Konzertsaal)
Rathaus
Berliner Platz 1
35390 Gießen

GAZ | Gästebuch

Veranstaltungsbericht:

Am 16.11. war Natalie Dedreux in Gießen und las aus ihrem Buch Mein Leben ist doch cool!. Dabei beantwortete sie auch viele Fragen aus dem Publikum. Der Hermann-Levi-Saal war voll und das Publikum sehr bunt. Die Lesung fand in Einfacher Sprache statt und wurde von Volontärin Angelina Isak (LZG) moderiert.

Wer ist Natalie Dedreux? Im Gespräch mit Isak stellte sich Dedreux vor: Sie ist Aktivistin, Journalistin und Bloggerin – und jetzt Autorin. Sie nennt sich selbst Inkluencerin. Das heißt, sie ist eine Influencerin, die sich für Inklusion einsetzt. So hatte Dedreux zum Beispiel 2017 Angela Merkel im Fernsehen gefragt, warum man Babys mit Down-Syndrom abtreiben darf. Denn Natalie Dedreux hat selbst Trisomie 21. Als Mensch mit Behinderung ist es ihr wichtig, dass sie gesehen wird. Sie setzt sich daher für mehr Teilhabe ein. Dafür hat sie schon viele Preise bekommen, zum Beispiel den German Diversity Award und den Bobby 2017.

»Es ist wichtig und gut, dass es verschiedene Menschen gibt. Wenn es diese Menschen nicht gäbe, dann wäre die Welt langweilig.«, schreibt Dedreux in ihrem Buch. Dreimal las sie an diesem Abend aus ihrem Werk und redete mit Isak über die Kapitel. Sie handeln von Dedreux‘ Meinung zu Politik, Aktivismus und das Down-Syndrom. Aber auch von ihrem Leben: Dedreux ist ein »Kölsche Mädchen«, lebt in einer WG und reist gerne. Auch über Romantik schreibt sie. Das Publikum hörte gebannt zu – und lachte, denn die Autorin ist auch lustig. Auf der Bühne und privat. »Meine WG zum Lachen bringen, das mach ich ganz gern«, bemerkte sie heiter. Momentan kämpft sie für den Mindestlohn für Menschen mit Behinderung. Sie möchte auch eine Tagesschau in Einfacher Sprache. Und keine Werkstätten mehr. Dafür bekam sie viel Zustimmung und Applaus von den Gästen.

Und wie kam sie auf die Idee, das Buch zu schreiben? Der Knaur Verlag fragte Dedreux und sie sagte ja. Sie hat das Buch zusammen mit Zeichner Wenzel Rehbach gemacht. Über Zoom diktierte sie ihre Texte. Darüber erzählt sie auch in ihrem Werk: »Der eine diktiert und der andere schreibt. (…) Das Thema wird die Überschrift. Dann kommt mein Text. Ich diktiere. Das bin ich.« Es hat ein bis zwei Jahre gedauert. Texte schreiben mache Dedreux viel Spaß. Schon seit 2016 ist sie Redakteurin bei dem Magazin Ohrenkuss, das nur Artikel von Meschen mit Down-Syndrom veröffentlicht. Schreiben ist Dedreux wichtig, denn mit den Texten macht sie sich sichtbar. 

Dazu gehört für sie, dass sie aus ihrem Leben erzählt: Deswegen durfte das Publikum nach jedem der drei Gespräche von Dedreux und Isak Fragen stellen. Die Gäste wollten viele Dinge wissen: Über ihre WG – sie leben dort zu viert. Hat sie schon andere Lesungen gegeben? Die Autorin las schon in Bonn und München. Und: »Hier in Gießen zu lesen, finde ich cool.« Dedreux antwortete frei, ehrlich und mit Humor. Als jemand fragte »Wie ist es, getrennt zu sein?«, sagte die Autorin direkt: »Ich bin halt Single und so, macht mir nix.« Das Publikum lachte mit ihr. Auch auf ernste Themen ging sie gut ein. So fragte eine blinde Frau: »Gibt es ein Hörbuch für Leute, die nicht sehen können?« Dedreux sagte zwar nein, fand das aber wichtig und eine coole Idee. Sie nahm die Frage ernst.

Am Ende des Abends waren die Gäste auch neugierig auf ein zweites Buch: Dedreux‘ neues Werk geht über ihr Hobby, das Reisen. Wann es rauskommt, weiß die Autorin noch nicht. Aber sie kommt gerne mit dem neuen Buch nach Gießen.

Die Veranstaltung fand statt in Kooperation mit dem Büro für Einfache und Leichte Sprache der Lebenshilfe Gießen, dem Kulturamt der Stadt Gießen und dem Projekt »Grundbildung in Stadt und Landkreis Gießen«, der ZAUG gGmbH, mit freundlicher Unterstützung durch den Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung der Stadt Gießen.

 von Dana Lissmann